© 2004 Marcel Müller
Abstract:
Mithilfe heutiger Computer und etwas Bastelgeschick, kann man das
Übertragungsverhalten von (HiFi-)Lautsprechern auch zuhause
messen. Die Ergebnisse können verwendet werden, um
beispielsweise Frequenzweichen zu entwerfen, die Qualität
einer Box zu überprüfen oder um Equalizer oder
Subwoofer sinnvoll einzustellen.
Dieser Artikel beschreibt Lösungswege, deren Tragweite sowie
einige Fallstricke. Nicht enthalten sind die theoretischen Grundlagen
komplexer Übertragungsfunktionen.
Ich beschäftige mich
seit über 18 Jahren mit dieser und ähnlichen
Fragestellungen
im Bereich der Akustik. Doch erst in den letzten Jahren sind die
Heim-Computer soweit fortgeschritten, dass man sie ohne
größeren Aufwand für
messtechnische Zwecke im Audiobereich verwenden kann. Ich
möchte meine Erfahrungen in diesem Segment zur
Verfügung stellen.
Bevor ich jedoch
allzu große Erwartungen wecke: man braucht definitiv etwas
Bastelerfahrung mit Elektronik und auch Erfahrung im Umgang mit dem
Computer, um die Sache zum Fliegen zu bekommen, sowie wenigstens
Grundkenntnisse im Bereich Übertragungsfunktionen bzw.
Vierpoltheorie, um mit den Ergebnissen etwas anfangen zu
können.
In diesem Dokument sind aus technischer Sicht drei Messverfahren beschrieben:
Messung
der Frequenzantwort
(Übertragungsfunktion) des Lautsprechers
Dabei wird abhängig von der Frequenz die Amplitude
und die Phase des abgegebenen Schalls
relativ zum Referenzsignal bestimmt.
Messung
der Phasendifferenz zwischen
verschiedenen Lautsprecherchassis einer Mehrwege-Box.
Dies ist im Prinzip eine Untermenge der eben genannten
Frequenzgang-Messung. Allerdings sind die technischen Anforderungen an
das Equipment bei dieser Messung deutlich geringer.
Messung
der Impedanzkurve des Lautsprechers
Die Impedanzkurve ist, abhängig von der Frequenz, der komplexe
Lastwiderstand. Also das Verhältnis
U(t) / I(t) sowie die Phasenverschiebung zwischen
U(t) und I(t).
Messung
der Sprung- bzw. Impulsantwort
des Lautsprechers
Die Sprungantwort ist die Reaktion des Schalldrucks auf eine
plötzliche Änderung des Spannungswertes am
Lautsprecher. Sie schließt mathematisch gesehen die
Frequenzantwort mit ein. Praktisch gesehen ist die Messung aber sehr
viel anspruchsvoller.
Wer Frequenzweichen selbst bauen will, braucht unweigerlich die Impedanzkurve
der beteiligten Lautsprecherchassis, da diese das Verhalten der Frequenzweiche
maßgeblich mit beeinflusst.
Fertige Frequenzweichen, die nicht auf die eingesetzten Lautsprecher
(und Gehäuse!) abgestimmt sind, sind daher ebenso ungeeignet,
wie frei Schnauze berechnete. Zudem ist im
Übergangsfrequenzbereich (und nur da) die Frequenzantwort
von Interesse. Diese liefert folgende Zusatzinformationen: die relative
Phasenlage der beteiligten Lautsprecher und den Laustärkenunterschied
(Wirkungsgrad). Die Phasenlage hängt im Wesentlichen von der
unterschiedlichen Entfernung zum Zuhörer
ab. Dieser Parameter ist im Wesentlichen durch den Einbau bestimmt,
deshalb muss die Messung an den im endgültigen
Zustand eingebauten
Chassis erfolgen. Er kann bei niedrigen Frequenzen auch hinreichend
genau berechnet werden. Bei höheren Frequenzen ist jedoch oft
fraglich, welcher Teil der Membrane denn nun effektiv noch an der
Wiedergabe beteiligt ist. Deshalb ist eine Messung zu bevorzugen. Der Laustärkenunterschied
ist bei geeigneter Chassisauswahl unkritisch.
Er kann im Gegenteil sogar irreführend sein, wenn die
Strahlungscharakteristik sich stark unterscheidet (z.B.
Hochtonhörner). Das ist aber für den Heimgebrauch
ohnehin nicht zu empfehlen.
Die so gewonnenen Daten stellen die Basis
für aussagekräftige Simulationsrechnungen
dar. Diese sind vergleichsweise wenig aufwändig und
können mit dem Handwerkszeug der komplexer
Impedanzen
ohne die Lösung von Integralgleichungen durchgeführt
werden. Man sollte dabei jedes Bauteil durch ein Ersatzschaltbild
ersetzen, dass seine nicht idealen Eigenschaften mit
berücksichtigt; z.B. der Serienwiderstand einer Spule.
Für die komplexe Impedanz der Lautsprecher interpoliert man
die Messung der Impedanzkurve. Diese sollte dazu eine
Stützstellendichte von mindestens einem Halbtonschritt haben.
Auslegung aktiver Frequenzweichen
Bei aktiven Frequenzweichen verhält sich die Sache wesentlich
einfacher. Die Impedanzkurve ist dabei
völlig bedeutungslos. Das gilt
jedoch nicht für die im vorherigen Punkt genannten Zusatzinformationen
aus der Frequenzantwort.
Messung fertiger Boxen
Bei fertigen Boxen interessiert zuallererst die Frequenzantwort
und davon eigentlich auch nur die Amplitude.
Für die Phasenlage ist unser Ohr nicht sensitiv. Doch
Vorsicht, selbst in einem idealen schalltoten Raum hängt das
Ergebnis bei Mehrwege-Boxen aufgrund der Interferenzen in den
Übergangsfrequenzbereichen stark von der Positionierung
des Messmikrofons ab. Man kann sich etwas behelfen,
indem man mehrere Messungen mit etwas verschobenen Positionen
durchführt und einen Mittelwert bildet.
Gemittelt werden darf nur über die Amplitude
in ihrer linearen Darstellung (also nicht dB).
Die
Impedanzkurve
fertiger Boxen ist im Normalfall wenig von Bedeutung. Der einzige mir
bekannte, relevante Fall ist, wenn diese gar zu extravagante
Phasengänge, vor allem in Kombination mit niedrigen
Impedanzen, hinlegt. Das reduziert den Wirkungsgrad des
Verstärkers erheblich,
was zur Überlastung führen kann. Es kann auch
zuweilen zu Instabilitäten kommen, die üblicherweise
mit einem toten Hochtöner enden. (Der Effekt ist im Prinzip
der gleiche, wie ein Missglücktes
Stehwellenverhältnis im Funk.)
Eine Raumeinmessung wird mit den erwünschten Lautsprechern
in ihrer endgültigen Position
und dem Mikrofon am Ort
des Zuhörers
durchgeführt. Bei der Raumeinmessung sind die
Einflüsse des Raums auf das Ergebnis explizit
erwünscht. Ziel ist es das real wahrzunehmende Signal unter
Berücksichtigung aller Einflüsse wie z.B. Mobiliar
möglichst genau zu vermessen. Das Ergebnis kann im
günstigsten Fall dazu verwendet werden, einen Teil der
Einflüsse zu kompensieren. Der linke und der rechte Kanal
sollten in jedem Fall einzeln betrachtet werden.
Diese
Messart ist von außerordentlich vielen
Tücken begleitet. Zum einen sorgen hunderte verschiedener Stehwellen
und Interferenzen
dafür, dass jeder Zentimeter, den etwas verschoben
wird, das Ergebnis signifikant beeinflusst. Zum anderen kommen
aufgrund der größeren Dimensionen auch zeitliche
Aspekte ins Spiel, die von den hier vorgestellten Messarten
nicht erfasst werden. Man wird also bestenfalls einen groben
Eindruck
von dem wiedergeben können, was tatsächlich passiert.
Die Vorgehensweise ist analog zur im letzten Punkt beschriebenen
Messung ganzer Boxen: man versucht aus möglichst vielen
Einzelmessungen der Frequenzantwort einen Mittelwert der Amplitude der
Übertragungsfunktion zu bilden.
Die so gewonnene reale Übertragungsfunktion (nur Amplitude)
kann man verwenden,
um beispielsweise einen Terz-Equalizer
einzustellen (für gröbere Equalizer lohnt die
Mühe nicht). Sinnvollerweise bearbeitet man dazu die gemessene
Übertragungsfunktion mit einem dem Equalizer angemessenen
Tiefpass. Das erreicht man am einfachsten mit einem Moving-Average-Filter
dass auf die Messdaten angewendet wird, deren
Stützstellen hoffentlich äquidistant in
log f sind.
Am Equalizer ist die inverse
Funktion für den jeweiligen Kanal einzustellen. Die
Einstellung
kann anschließend bei aktivierten Equalizer verifiziert und
gegebenenfalls iterativ verfeinert werden.
Wer einen DSP
im Signalweg hat, dem eröffnet sich noch eine andere Variante:
er kann die Übertragungsfunktion direkt invertieren und daraus
per Fourier-Transformation einen FIR-Filterkern erzeugen. Wenn dieser
in die Audiowiedergabe eingeschleust wird, sollte er das
Übertragungsverhalten weitest möglich kompensieren.
Das segelt unter
dem
Namen Digital
Room Correction. Auch ein PC kann
diese Aufgabe auch erledigen, das kostet aber etwas an Systemlast.
Ferner haben
solche Lösungen unvermeidlicherweise eine erhebliche
Latenz zur Folge.
Man braucht:
Das Mikrofon ist neben den Räumlichkeiten die Schlüsselkomponente der Messung. Sein Übertragungsverhalten geht 1:1 in das Ergebnis und, so es unbekannt ist, in den Messfehler ein. Wichtiger Parameter ist hier vor allem der Frequenzgang. Wenn man mit den Messungen wirklich eine Aussage über den Frequenzgang des Lautsprechers im gesamten Hörbereich machen möchte, muss man an dieser Stelle in ein spezielles Messmikrofon investieren.
Für die Auslegung und Kontrolle von Frequenzweichen reicht auch ein günstigeres Modell, wie z.B. eine gute Elektret-Mikrofonkapsel für ein paar Euro (z.B. Panasonic bzw. Monacor MCE2000 oder MCE 2500). Ausschlaggebend ist dabei, dass Frequenzweichen nur im mittleren Frequenzbereich agieren und vor allem nur die relative Phase der Signale der verschiedenen Lautsprecher im Übergangsbereich von Interesse ist. Ich selbst habe diese Kategorie gewählt.
In jedem Fall sollte man jegliche Art von baulichen Maßnahmen an, oder auch nur in der Nähe des Messmikrofones minimieren.
Ebenso wie das Mikrofon gehen die Eigenschaften des Mikrofon-Vorverstärkers 1:1 in das Ergebnis ein. Es gelten also die gleichen hohen Anforderungen. Nur sind diese deutlich kostengünstiger zu erfüllen. Man hat die Wahl zwischen einem fertigen und einem selbstgebauten Verstärker. Bei guten Messmikrofonen ist selbiger u.U. schon inklusive.
Passend zu den oben genannten Mikrofonkapseln verwende ich folgende Eigenbau-Lösung im Einsatz:
Die einzige wirklich kritische Komponente dieser Schaltung ist
der Operationsverstärker. Er
muss vor allem rauscharm
sein und ein hinreichend hohes Bandbreitenprodukt haben. Den von mir
verwendeten Typ OP27 kann man durch andere (u.U. bessere) Typen
ersetzen. Es können sowohl bipolare als
auch J-FET OPs eingesetzt werden. Z.B.: Burr
Brown OPA637.
L1 sollte keinen zu guten
Innenwiderstand haben, damit sich keine Resonanz mit C2
ausprägt. Zur Not ist ein Widerstand von rund 10-20W
in Serie zu schalten. C3 begrenzt den Frequenzgang nach unten bis etwa
7 Hz. C5 verhindert, dass der OP schwingt, indem er
eine untere Schranke für die HF-Verstärkung auf
mindestens +26 dB setzt. Das ist insbesondere bei schnellen
OPs relevant, die eine Mindestverstärkung erwarten.
Die Schaltung arbeitet als invertierender Verstärker mit +30 dB bzw. +20 dB (Mikrofon-Ausgangsimpedanz mitgerechnet!). Die Einkopplung der Versorgungsspannung für das Elektret-Mikrofon (R4) erfolgt in die virtuelle Erde. Dadurch ist eine Auswirkung der Filterdrossel L2 auf den Frequenzgang ausgeschlossen. Diese unterdrückt das auf diesem Weg sonst hereinkommende Rauschen von R4 und D1. R2 und R8 setzen den Arbeitspunkt des OPs auf etwa 6,8 V. D1 verhindert, dass die Versorgungsspannung des Mikrofons den zulässigen Bereich verlässt. R7 unterdrückt ein verpolen von C4 an AC-gekoppelten Eingängen.
In diesem Punkt habe ich nur wenig Erfahrung. Ein mögliches Problem ist allerdings, dass diese möglicherweise den Frequenzgang nach unten begrenzen, da Frequenzen unter 50 Hz beim Normaleinsatz eines Mikrofons eher störende Rumpelgeräuschen als Nutzsignal sind. Es gibt leider keinen einfachen Weg, um das herauszufinden. Deshalb und weil ein Vorverstärker auch an das verwendete Mikrofon angepasst sein sollte, würde ich diesen Weg nur empfehlen, wenn es sich um einen speziell auf das verwendete Mikrofon abgestimmten oder explizit für messtechnische Zwecke geeigneten Verstärker handelt.
Auch in diesem Fall hat man hat man die Wahl Eigenbau oder nicht. Wenn nicht, ist ein handelsüblicher HiFi-Verstärker das Mittel der Wahl.
Im Prinzip eignen sich viele halbwegs brauchbare HiFi-Verstärker zu diesem Zweck. Man Verwendet einfach noch einen Kanal. Es gibt allerdings ein paar Stolpersteine:
Aus den oben genannten Gründen und vor allem, um nicht noch einen Brocken mit mir herumschleppen zu müssen, habe ich mich auch in diesem Punkt letztlich für die Eigenbau-Variante entschieden.
Keine der hier verbauten Komponenten ist wirklich kritisch. Einzig der OP sollte nicht zu gut sein, damit die vergrößerte Rückkoppelschleife ihn nicht zum Schwingen anregt. Die Widerstände R7-R10 sollten aus einer Charge stammen. Dann erreicht man typischerweise Genauigkeiten von 10-4 oder besser. Die Endstufen können leicht durch andere Transistoren ersetzt werden. Sie müssen nur einige 'zig MHz und wenigstens eine Stromverstärkung von etwa 100 schaffen. Beispiele: BC140/160, BD135/136.
Die Schaltung entspricht einem Differenzverstärker mit Leistungsausgang. T1 und T4 bilden Konstantstromquellen mit rund 2 mA. Auf eine Bootstrap Schaltung wurde wegen der Anforderung bei niedrigen Frequenzen verzichtet. Der nutzbare Ausgangsspannungsbereich liegt etwa 2,5 V unter der Versorgungsspannung. Der Ruhestrom wird faktisch über R3/R4 geregelt.
Der Differenzverstärker für das Referenzsignal ist eigentlich die Komponente, wegen der man nicht ohne Bastelei auskommt. Mir ist zumindest keine komplett fertige Alternative bekannt. Man hat lediglich die Wahl einen fertigen Chip (z.B. Burr Brown INA105) zu nehmen, oder sich mit einem handelsüblichen OP und ein paar Widerständen selbst zu behelfen.
In ersterem Fall hat der Chip schon genau die Anschlüsse, wie sie im Übersichtsbild gebraucht werden, in letzterem Falle braucht man folgende Schaltung:
Zu der Schaltung gibt es wenig zu sagen, außer dass man auch hier Widerstände aus einer Charge nehmen sollte, um die typische Toleranz zu drücken. Der OP ist eigentlich egal, solange er nicht bei ein paar kHz schon schlapp macht (wie LM342 u.ä.).
Qualitativ ist man mit einem Chip á la INA 105 besser aufgestellt, als mit dieser Bastellösung. Für die Anwendung ist das aber kaum von Bedeutung. Da ich gerade keinen fertigen Baustein mehr hatte, habe ich gebastelt.
Als Stromversorgung kann entweder ein handelsübliches Doppelnetzteil verwendet, oder die Versorgung des Computers angezapft werden. In letzterem Fall sind ein paar "Entseuchungsmaßnahmen" erforderlich. Zudem ist es nicht ganz trivial ohne größere Kapriolen an die -12 V heranzukommen, da diese ausschließlich am Hauptstecker des Mainboards das Netzteil verlassen. Deshalb habe ich hier ein Netzteil aus der Grabbelkiste verwendet.
Entschließt man sich dennoch für den Computer, so sollte man auf jeden Fall ein Filter mit Induktivitäten verwenden. Alternativ kann man auch 10 V-Spannungsregler (7810/7910) und ein paar Elkos nehmen. Vor allem sollte man keine zusätzliche Masseverbindung schaffen. Es ist besser, man zieht das bisschen Strom auf der Masseleitung aus der Schirmung des Line-In Steckers.
Obgleich einige Maßnahmen ergriffen wurden, um Artefakte durch die verwendete Sound-Hardware zu minimieren, gibt es dennoch eine Reihe von Kriterien, die der Aufmerksamkeit bedürfen:
Die Qualität des Line-In Eingangs. Obgleich sich seit Jahren jedes noch so billige Sound-Device mit den technischen Daten 16 Bit, 48 kHz, stereo oder besser schmückt, ist die Realität zum Teil weit davon entfernt. Die wesentlichen Gesichtspunkte sind:
Rauschen, kritisch.
Bereits ohne Eingangssignal nehmen billige Soundchips bis zu +/- 20
Digits Rauschen am Line-Eingang auf. Das bedeutet, dass von
den versprochenen 16 Bit gerade einmal 11 Bit
sinnvolle Daten enthalten. Die Restlichen 5 liefern mehr oder minder
qualitative Zufallszahlen (Da soll nochmal jemand sagen, moderne
Rechner hätten kein /dev/random). Das ist nicht
hinreichend.
Für vernünftige Ergebnisse (ohne
Softwaremäßig
rückgekoppelte Aussteuerung) sind wenigstens 75 dB
Dynamik
erforderlich.
Man kann diesen Parameter einfach testen, indem man bei
kurzgeschlossenem Eingang eine Aufnahme startet, und sich deren Inhalt
ansieht. Bei guten Karten sollten praktischen keinen Sample-Werte mit
mehr als +/- 4 vorkommen. In diesem Zusammenhang sei darauf
hingewiesen, dass viele Soundkarten bei der Aufnahme ein
DC-Offset von bis zu 200 Digits haben. Dieses stört die
Messung nicht, sollte aber bei dem eben genannten Rausch-Test abgezogen
werden.
Differentielle Nichtlinearität, kritisch.
Aufgrund von Fertigungstoleranzen kommt es bei DACs/ADCs zu
Sprüngen im Analogwert, wenn ein Bit-Übertrag
stattfindet (z.B.: 01111111 -> 10000000). Diese
Nichtlinearitäten können am Line-In dazu
führen, dass ein Teil der möglichen
Bitkombinationen niemals erzeugt wird. Bei schlechten Karten kann es
schon mal vorkommen, dass 2/3 aller möglichen Werte
tabu sind. Z.B. alle mir bekannten CMI Chips und viele Onboard-Devices
fallen in diese Kategorie.
Leider ist der Test nicht ganz so einfach, wie der Rauschtest. Man
muss dazu ein bekanntes Signal aufnehmen und
anschließend eine statistische Analyse der
Samplewertverteilung durchführen. Im Idealfall entspricht die
Verteilung der Häufigkeitsverteilung von Momentanwerten im
aufgenommenen Signal (bei einem Rauschsignal ergibt sich z.B. eine
Gaußkurve). Bei einer differentiellen
Nichtlinearität gibt es lokale Abweichungen von dieser
Verteilung, die typischerweise in der Nähe von Vielfachen
einer Zweierpotenz besonders groß sind. Auch Soundkarten
haben diese Abweichungen, allerdings gibt es bei ihnen keine Werte
mittendrin, die niemals vorkommen.
Phasenverschiebung zwischen den Kanälen,
unkritisch.
Einige Soundkarten konvertieren die Informationen der
Stereo-Kanäle alternierend. Das führt dazu,
dass die beiden Kanäle ein halbes Sample zeitlich
gegeneinander verschoben sind, sofern keine gemeinsame Sample &
Hold Stufe eingesetzt wird. Dies beeinflusst unmittelbar die
Phase des Messergebnisses. Diese Information ist direkt mit
dem Abstand des Messmikrofons zum Lautsprecher korreliert -
ein für derartige Messungen wenig relevanter Parameter.
Die Zuverlässigkeit der
Übertragung, kritisch.
In einigen Fällen kommt es bei der Aufnahme und/oder
Wiedergabe zu Sprüngen oder Tonaussetzern. Das sind Zeichen
verlorener Samples. Die Ursachen können sowohl im Treiber als
auch in der Hardware selbst liegen - u.U. im Zusammenhang mit dem
verwendeten Mainboard. (Weder Soundchip- noch
Mainboard-Chipsatzhersteller halten sich sonder lich genau an die
PCI-Spezifikation.) Solche Aussetzer könne die Messung massiv
beeinträchtigen, da für das verwendete Lock-In
verfahren Line-Out und Line-In absolut synchron
laufen müssen.
Es gibt leider keine einfache Möglichkeit, dies zu testen.
Fehlende oder unzulängliche
Rekonstruktionsfilter, unkritisch.
Manche Soundkarten haben keine oder keine brauchbaren
Rekonstruktionsfilter. Das liegt vor allem daran, dass die
flexiblen Samplingraten bei der Wiedergabe nach ebenso flexiblen
Rekonstruktionsfiltern verlangen. Das kostet Geld.
Glücklicherweise reagiert das Messverfahren sehr
gutmütig auf diese Fehler.
Man bekommt die Sache eigentlich nur mit dem bei CD-Playern
üblichen Oversampling-Techniken in den Griff. Allerdings sind
die Karten oft so ausgelegt, dass sie bei 44,1 kHz
oder der maximalen Samplingrate einen einigermaßen glatten
Frequenzgang haben. Das ist für diese Anwendung
völlig hinreichend.
Mir ist kein Weg bekannt, wie
man ohne Tests
zu einer geeigneten Soundkarte kommt. Die Herstellerangaben sind leider
meist völlig bedeutungslos. Brauchbare Erfahrungen habe ich
nur mit Aureal Chips (Vortex und Vortex 2) sowie dem Klassiker
den große Soundblaster AWE-Karten gemacht. Letztgenannte
können aber nur 44,1 kHz und tun sich mit dem
Voll-Duplex-Betrieb schwer. Ich habe allerdings auch nie systematisch
eine größere Menge von Karten getestet. Der
Positiv liste lassen sich also sicherlich noch einige
hinzufügen.
Man könnte natürlich High-End Karten mit
24/96 verwenden (die dann hoffentlich wenigstens 16/48
schaffen); aber eigentlich ist das völliger Overkill.
Dieser nur für die Impedanzmessung benötigte Referenzwiderstand sollte in der Größenordnung der Impedanz des zu messenden Lautsprechers liegen. Ich empfehle 4,7 W. Er muss ob der niedrigen Frequenzen keinen besonderen Anforderungen standhalten. Nur sollte sein Wert hinreichend genau bekannt sein. Entweder durch Messung, oder durch geringe Toleranz. 1% ist hinreichend. Wer den Wert Messen möchte, sollte wissen, dass dies nur mit einer 4-Punkt-Methode und einem mindestens 4½-stelligen Multimeter möglich ist.
Eines fehlt noch, der Patient. Es kann praktisch jede Art von Lautsprechern mit Schwingspule vermessen werden.
Die Wahl der Umgebung ist mit die sensibelste Sache bei der Messung. Normalerweise werden derlei Messungen in speziellen, schalltoten Räumen durchgeführt. Sinn der Sache ist es, jegliche Art von indirektem Schall zu vermeiden. Dieser würde mit dem direkten Schall interferieren und dabei das Ergebnis auf das Äußerste verfälschen. Im Prinzip ist jegliche Art von Fremdkörper in akustischer Reichweite ein Problem. Je größer und je näher, desto schlimmer.
Eine
Alternative zum schalltoten Raum ist ein praktisch unendlich
großer Raum. Davon gibt es genau einen: draußen!
Wenn man den Lautsprecher mit dem Rücken nach unten, nicht zu
nah am Boden und am besten auf einer Wiese positioniert, kann zumindest
von dem nach oben (vom Lautsprecher aus vorne) abgestrahlten Schall
nichts zurück. Zudem sollte man die Nähe
großer, reflektierender Wände
meiden.
Eine Positionierung an einer Hausecke ist weniger kritisch, da alle
Refektionen vom Messplatz weg führen. Unbedingt
vermieden werden sollten hingegen Schallfänger, wie
überdachte Terrassen oder konkave Formen im Allgemeinen.
Hilfreich kann in diesem Kontext ein Echo-Test sein. Einmal in die
Hände klatschen und lauschen. Im Idealfall hört man
keinen Nachhall.
Üblicherweise werden
Lautsprecher-Messungen im Abstand von einem
Meter
auf der zentralen Achse durchgeführt. Dieser Wert ist
allerdings nur wenig aussagekräftig, wenn die verschiedenen
Lautsprecher Chassis eine unterschiedliche Strahlungscharakteristik
haben. Das ist im Besonderen beim Einsatz von Hochtonhörnern
der Fall.
Ein anderes Problem entsteht, wenn eine Mehrwege-Box
als Ganzes vermessen wird. In diesem Fall kommt es in den
Übergangsbereichen zwischen den Wegen zu Interferenzen.
Besonders betroffen ist wegen der kürzeren
Wellenlänge der Übergang zum Hochtöner.
Die Befestigung des Mikrofons sollte so schlank wie möglich ausfallen. Am besten klappt es, wenn alle verwendeten Komponenten klein gegen die kleinste vorkommende Wellenlänge sind. Diese beträgt bei 20 kHz etwa 1,7 cm. Also bitte dünne Stangen mit nur wenigen Millimetern Durchmesser verwenden.
Das Ergebnis der Messung ist eine Übertragungsfunktion des Lautsprechers. Diese beschreibt für jede Frequenz wie Laut (relative Amplitude) und wann (Phase) die Wiedergabe erfolgt. Die Übertragungsfunktion eines Lautsprechers ist zunächst einfach der Quotient des Schalldrucks (Ausgangssignal) durch die Spannung vom Verstärker.
Dieser hängt für einen gegebenen Lautsprecher vornehmlich von der Frequenz und von der Meßgeometrie (Aufstellung) ab. Der Wert ist i.A. komplex, da sich sowohl Amplitude als auch Phase frequenzabhängig ändern.
Die Messung erfolgt (zumindest in der von mir Beschriebenen Methode) indem der Computer verschiedenen Frequenzen als Referenzsignal erzeugt, und gleichzeitig mit dem Mikrofon die Antwort des Lautsprechers verfolgt (Wobbelmethode). Zur Kompensation des Übertragungsverhaltens der Soundkarte wird gleichzeitig das eigene Referenzsignal mit aufgezeichnet.
Die Berechnung von H(f) erfolgt in Echtzeit nach dem Lock-In-Verfahren. Dabei wird sowohl das aufgezeichnete Mikrofonsignal als auch das Referenzsignal nach der im Referenzsignal enthaltenen Sollfrequenz w = 2pf analysiert.
Der Übertragungsfaktor ergibt sich dann zu H(w) = zMic / zRef. Dieses Verfahren kompensiert nahezu jegliche Verbiegung des Frequenzgangs durch die Soundkarte, solange es keine Unterschiede zwischen dem linken und dem rechten Kanal gibt.
Die Prozedur wird für eine endliche Zahl von Frequenzen im angeforderten Intervall (z.B. 20-20000 Hz) wiederholt.
Suggestions, help, complaints (but not too much:-):
Original homepage: http://www.maazl.de/electronic/LCR/LS.html